Standortsuche hat ein Ende: Frauenfirmen ziehen ein

Flächen im Kindl-Boulevard gemietet

Berliner Morgenpost-Online - BERLIN (14.06.01) - Von Martin Busche

Neukölln - Das Musterbüro ist bereits eingerichtet, ganz hinten in der Ecke. Ansonsten ist der große Raum im ersten Stock des Kindl-Boulevard noch menschenleer. Die Mieterinnen fehlen noch. «Doch die kommen», gibt sich Marita Blom gelassen. «Der Bedarf ist da, da bin ich sicher. Das Frauenwirtschaftszentrum wird ein Erfolg.»

Knapp eineinhalb Jahre hat die Mitarbeiterin des Instituts für berufliche Bildung (InPÄD) Neukölln nach geeigneten Räumlichkeiten für das Zentrum durchpflügt. Gewerbehöfe besichtigt, mit Vermietern gesprochen, Fabrikhallen unter die Lupe genommen. Den Zuschlag bekam letztlich der Kindl-Boulevard. «Keine Liebesheirat», sind sich sowohl Frau Blom als auch Centermanager Oswald Nikolaus einig. «Doch mehr als eine Zweckehe». Schließlich profitieren beide Seiten davon. Der Centermanager hat auf einen Schlag rund 1000 Quadratmeter leer stehenden Büroraum vermietet. Frau Blom und ihre Kolleginnen von InPÄD können weiblichen Existenzgründern endlich konkrete Auskünfte geben.

20 Quadratmeter Büro kosten 450 Mark warm. Größere Flächen sind natürlich teurer. 18 Büros insgesamt stehen zur Verfügung, abgetrennt durch Rigipswände. Dafür ist im Mietpreis bereits die Nutzung der gemeinsamen Besprechungsräume inbegriffen.

Ebenfalls inklusive ist ein umfangreiches Beratungs- und Schulungsangebot für die Jungunternehmerinnen. Das Gründerzentrum will mehr als eine Bürogemeinschaft sein. Für den geschäftlichen Erfolg muss jede Mieterin selber sorgen. Die Grundlagen dazu werden gemeinsam geschaffen werden. Darum hat auch Clemens Mücke viel Zeit und Geduld ins Projekt investiert. Er steht der Neuköllner Wirtschaftsförderung vor. Offensichtlich kein besonders erbaulicher Job. «Viele Immobilienbesitzer, angesprochen auf Räume für das Frauenwirtschaftszentrum, wollten vom Bezirk eine Bürgschaft», erzählt er. «Als die nicht kam, haben sie abgewunken.»

Auch für Mücke ist der Standort Kindl-Boulevard «ideal». Gute Verkehrsanbindung, mitten im Bezirk, bezahlbare Mieten, attraktive Architektur. Wer ins Zentrum einzieht, ist im Grunde egal. Vorschriften gibt es nicht. «Hauptsache neu am Markt» ist das Kriterium. Gestandene Firmen gehören deshalb nicht zur Zielgruppe und sind eher unerwünscht. Auch Gewerbetreibende haben keine Chance. Zum Leidwesen aller Beteiligten. Der Boulevard ist eine Art Einkaufszentrum mit angeschlossener Bürofläche. Sägende, schweißende und hämmernde Existenzgründerinnen stören den Einkaufsgenuss.

Deshalb möchte Bürgermeister Bodo Manegold (CDU) am liebsten gleich ein zweites Gründerzentrum in Angriff nehmen. Doch eins nach dem anderen. Erst einmal wird Gründerzentrum Eins zum Erfolg verdonnert. Deshalb soll ein Tag der offenen Tür den noch leeren Büroräumen Leben einhauchen. Einen ganzen Tag lang will sich das Gründerzentrum dann als zukunftsweisend und innovativ präsentieren. Alle machen mit - InPäd, der Kindl-Boulevard, das Bezirksamt. Auch Aktivistinnen der «Weiberwirtschaft» kommen vorbei. Das Gründerzentrum in Wedding ist Vorbild für die Neuköllner. «Im Wedding läuft es richtig gut», freut sich Frau Blom und der Bürgermeister lacht.

Tag der offenen Tür: 20. Juni, 15-21 Uhr, Kindl-Boulevard, Hermannstraße 214-216, 1. OG. Tel.: 689 77 20. E-Mail: FWZ-Neukoelln@gmx.de..

© Alle Rechte beim Verlag (Darstellung des Original-Artikel aus dem Archiv des Verlages )